Testimony of Freigang, Adele on Kulmhof (Chełmno) Extermination Camp (16 April, 1962)

Introduction

On April 16, 1962, Adele Freigang, former resident of the village Chełmno nad Nerem (Kulmhof), provided a detailed testimony to West-German investigators . In autumn 1941, Freigang heard rumors of a Gestapo commando in Kulmhof, which later seized several key buildings. Reports surfaced about transports of Jewish people, initially believed to be going through a transit camp but later revealed to be destined for extermination. The victims were killed in gas vans, and their bodies disposed of in the nearby forest.

Testimony of Adele Freigang

LKA-NW/Dez. 15

z.Z. Arnsberg, den 16.4.1962

Zur Vernehmung bestellt erscheint im Dienstgebäude der
Kreisverwaltung Arnsberg die Zeugin

Adele Freigang, geb. Steinke,
geb. am 20. 4. 1906 in Ostruwek/Lenschitz-Polen,
wohnh. in Arnsberg, Bahnhofstr. 51,

und gibt mit dem Gegenstand der Vernehmung bekanntgemacht
folgendes an:

Bis zum Jahre 1940 bewirtschafteten mein Ehemann Friedrich Freigang und ich einen kleinen Bauernhof in der Ortschaft Schönhagen, Kr. Warthbrücken / Warthegau. Die Ortschaft Schönhagen gehörte zur Gemeinde Kulmhof. Dann wurden wir von einem gewissen Herrn Meier, der im Kreise Warthbrücken mit der Ansiedlung von Auslandsdeutschen und der Umsiedlung von Volksdeutschen zu tun hatte, nach Kulmhof umgesiedelt. Wir mussten einen größeren Hof bewirtschaften, der am Rande der Ortschaft etwa 1 1/2 km von Mittelpunkt des Ortes entfernt lag.

Die Ortschaft Kulmhof ist an der Hauptstraße zwischen Eichstädt und Warthbrücken, etwa 6 km von Eichstädt und 12 km von Warthbrücken entfernt. Sie bestand aus etwa 40 – 50 Häusern, bei denen es sich in der Hauptsache um Bauernhöfe
handelte. Von Warthbrücken nach Eichstädt führte eine Kleinbahn, die auch Kulmhof berührte. Inmitten des Dorfes befand sich ein verfallenes Schloss. Nicht weit davon entfernt befand sich die Kirche. Beide Gebäude lagen an einer Seite
der Hauptstraße. Auf der anderen Straßenseite lagen diesen Gebäuden gegenüber das Gemeindehaus, das Schützenhaus und die Schule. Hinter dem Schloss und der Kirche verlief ein Fluss, der Ner genannt wurde.

Wieviel Einwohner Kulmhof hatte, weiß ich nicht. Bei den Einwohnern handelte es sich in der Hauptsache um polnische Staatsangehörige, jedoch waren auch einige volksdeutsche bzw. auslandsdeutsche Familien umgesiedelt worden.
Ich erinnere mich noch an die Familien Semmler, Selent, Beck, Stahnke, Dickhoff, Ryll, Popko und Lippert, jedoch ist mir nicht bekannt, wo diese sich heute aufhalten.

Amtskommissar der Gemeinde Kulmhof war der Konrad Schulz der in Schönhagen wohnte. Wo er sich heute aufhält, ist mir nicht bekannt. Ortsvorsteher in Kulmhof war der Friedrich Semmler, jetziger Aufenthalt nicht bekannt. Ortsbauernführer war der Jakob Semmler, der im Januar 1945 von russischen Soldaten auf der Flucht erschossen wurde. Weiter gab es in Kulmhof noch einen sog. Umsiedlerbetreuer, bei dem es sich um einen gewissen Wauer handelte. Wo dieser sich heute aufhält, weiss ich ebenfalls nicht. Lehrer der Gemeinde Kulmhof war ein gewisser Michelsohn. Auch dessen Aufenthalt ist mir nicht bekannt. Weitere wichtige Persönlichkeiten gab es in Kulmhof nicht.

Im Herbst des Jahres 1941 erfuhr ich vom Hörensagen, dass ein Kommando der Gestapo nach Kulmhof gekommen war. Wie stark das Kommando war, habe ich nicht erfahren. Zunächst wusste ich auch nicht, was dieses Kommando in Kulmhof zu tun hatte. Von den Gestapoleuten wurden das Schloss, die Schule, das Schützenhaus sowie einige Häuser in der Mitte des Ortes beschlagnahmt. Kurz darauf kam auch ein grösseres Polizeikommando nach Kulmhof, welches in Schulzimmern und in der Schule untergebracht wurde. Einige Zeit später erfuhr ich ebenfalls vom Hörensagen, dass fortlaufend Transporte mit jüdischen Menschen in Kulmhof einträfen. Zunächst wurde erzählt, dass die jüdischen Menschen lediglich durch das von der Gestapo in Kulmhof errichtete Durchgangslager durchgeschleust würden und ins Reichsgebiet kämen. Im Frühjahr 1942 erfuhr ich jedoch, dass diese Sachen getötet wurden. Es wurde erzählt, dass die Menschen sich in das Schloss entkleiden
mussten und dann in sog. Gasautos mit Gas erstickt wurden. Ob das mit den Auspuffgasen der Kraftwagen geschah, habe ich nicht erfahren. Weiter habe ich vom Hörensagen erfahren, dass die Leichen der Menschen im Walde von Maydani in
Massengräber verscharrt wurden. Soviel ich weiss, kamen die Judentransporte mit der Kleinbahn in Kulmhof an. Manchmal habe ich von meiner Wohnung aus diese Transporte in die Ortschaft fahren sehen. Ab Sommer 1942 wurden von dem Gestapo- und Polizeikommando die Leichen im Walde verbrannt. Aus dem Walde konnte man den Rauch aufsteigen sehen, und wenn der Wind auf die Ortschaft stand, war ein furchtbarer Geruch wahrzunehmen.

Meines Wissens wurde die Vernichtung der jüdischen Menschen ununterbrochen bis Januar 1945 durchgeführt. Als das Gebiet von russischen Truppen besetzt wurde, flüchtete das Gestapokommando, nachdem auch die letzten Arbeitsjuden getötet
worden waren. Soviel ich weiss, wurde die Unterkunft der Juden im Brand gesteckt, wodurch diese Leute umkamen. Wieviel Juden in Kulmhof im Laufe der Jahre getötet wurden, weiss ich nicht zu sagen.

Ich weiss auch nicht, wer der Kommandant des Vernichtungslagers gewesen ist und wer dem Gestapokommando und dem Polizeikommando angehört hat. Ich habe mich seinerzeit um diese Leute nicht gekümmert. Die mir vorgehaltenen Namen
sagen mir nichts. Auch habe ich auf den mir vorgezeigten Lichtbildern keine Personen wiedererkannt. Ob Schultz, Friedrich Semmler, Jakob Semmler und Wauer Beziehungen zu den Gestapokommandos hatten und an der Judenvernichtung irgendwie beteiligt gewesen sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein Mann namens Otto Herkner, der einen Gutshof in Schönhagen bei Warthbrücken bewirtschaftet haben soll, ist mir nicht bekannt.

Ob im Laufe der Jahre höhere SS-Führer das Vernichtungslager inspiziert haben, weiss ich ebenfalls nicht.

Weitere Angaben kann ich zur Sache nicht machen.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:
[Unterschrift]

Geschlossen:
[Unterschrift]
(Kofner) KM.

LKA-NW/department 15

Currently in Arnsberg, April 16, 1962

Summoned for interrogation, the witness

Adele Freigang, née Steinke,
born on April 20, 1906, in Ostruwek/Lenschitz, Poland,
residing in Arnsberg, Bahnhofstr. 51,

appears at the office building of the Arnsberg district administration and, informed of the subject of the interrogation, gives the following statement:

Until 1940, my husband Friedrich Freigang and I ran a small farm in the village of Schönhagen, district of Warthbrücken / Warthegau. The village of Schönhagen belonged to the municipality of Kulmhof. Then we were resettled to Kulmhof by a certain Mr. Meier, who was involved with the resettlement of ethnic Germans and the settlement of Germans from abroad in the Warthbrücken district. We had to manage a larger farm located about 1.5 km from the center of the village.

The village of Kulmhof is on the main road between Eichstädt and Warthbrücken, about 6 km from Eichstädt and 12 km from Warthbrücken. It consisted of about 40 – 50 houses, mainly farms. A small railway led from Warthbrücken to Eichstädt, passing through Kulmhof. In the middle of the village was a dilapidated castle. Not far from it was the church. Both buildings were on one side of the main street. On the other side of the street were the community center, the shooting house, and the school. Behind the castle and church flowed a river called Ner.

I do not know how many inhabitants Kulmhof had. Most of the inhabitants were Polish citizens, but some ethnic German or foreign German families had also been resettled there. I remember the families Semmler, Selent, Beck, Stahnke, Dickhoff, Ryll, Popko, and Lippert, but I do not know where they are today.

The administrative commissioner of the municipality of Kulmhof was Konrad Schulz, who lived in Schönhagen. I do not know his current whereabouts. The local leader in Kulmhof was Friedrich Semmler, whose current whereabouts are unknown. The local farmers’ leader was Jakob Semmler, who was shot by Russian soldiers while fleeing in January 1945. There was also a resettlement advisor named Wauer in Kulmhof. I do not know his current whereabouts either. The teacher of the municipality of Kulmhof was a certain Michelsohn, whose current whereabouts are also unknown. There were no other important personalities in Kulmhof.

In the autumn of 1941, I heard rumors that a Gestapo commando had arrived in Kulmhof. I did not learn the strength of the commando. Initially, I did not know what this commando was doing in Kulmhof. The Gestapo confiscated the castle, the school, the shooting house, and some houses in the middle of the village. Shortly thereafter, a larger police commando arrived in Kulmhof, which was housed in the schoolrooms. Some time later, I also heard rumors that transports of Jewish people were arriving continuously in Kulmhof. Initially, it was said that the Jewish people were merely being routed through a transit camp established by the Gestapo in Kulmhof and then sent to the Reich. However, in the spring of 1942, I learned that these people were being killed. It was said that the people had to undress in the castle and were then suffocated in so-called gas vans. I did not learn whether this was done with the exhaust gases of the vehicles. I further heard rumors that the bodies of the people were buried in mass graves in the forest of Maydani. As far as I know, the Jewish transports arrived in Kulmhof by the small railway. Sometimes I saw these transports driving into the village from my home. From summer 1942, the Gestapo and police commandos burned the bodies in the forest. Smoke could be seen rising from the forest, and when the wind blew towards the village, a terrible smell was noticeable.

To my knowledge, the extermination of the Jewish people continued uninterrupted until January 1945. When the area was occupied by Russian troops, the Gestapo commando fled after killing the last Jewish workers. As far as I know, the Jews’ accommodation was set on fire, resulting in their deaths. I cannot say how many Jews were killed in Kulmhof over the years.

I do not know who was the commander of the extermination camp or who belonged to the Gestapo and police commandos. At that time, I did not concern myself with these people. The names mentioned to me mean nothing to me. I also did not recognize any persons in the photographs shown to me. Whether Schultz, Friedrich Semmler, Jakob Semmler, and Wauer had relations with the Gestapo commandos and were involved in the extermination of the Jews is beyond my knowledge. I am not familiar with a man named Otto Herkner, who is said to have managed an estate in Schönhagen near Warthbrücken.

I also do not know whether higher SS leaders inspected the extermination camp over the years.

I cannot provide any further information on the matter.

Read aloud, approved, and signed:
[Signature]

Closed:
[Signature]
(Kofner) KM.

Archivial reference:
BArch B 162/3249, p. 207-209

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