Gruppe Inland II
Vortragsnotiz.
I. Nach Übermittlung der Weisung des Herrn RAM im Falle Brodowski hatte ich mich sofort mit SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner in Verbindung gesetzt und ihn gebeten, nichts zu unternehmen, bevor nicht eine Absprache mit dem Auswärtigen Amt erfolgt ist. SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner, der am 12.11. noch keine Kenntnis von einem Führerbefehl in dieser Angelegenheit hatte, sagte mir dieses zu.
II. Es wurde festgestellt, daß in der Befehlsübermittlung eine Reihe von Unklarheiten entstanden sind, die es erst heute möglich machten, festzustellen, wer überhaupt die Durchführung des Befehls übertragen erhalten hat:
1. Generalfeldmarschall Keitel hat eine Weisung an SS-Obergruppenführer Jüttner gegeben ohne Wissen des Generaloberst Jodl;
2. Der Adjutant des Chefs des Wehrmachtführungsstabes hat eine Weisung herausgegeben ohne Wissen des Generaloberst Jodl;
3. der Vertreter von SS-Gruppenführer Fegelein hatte Botschafter Hewel und Generaloberst Jodl versprochen, ein Telegramm abzusenden. Die Absendung ist aus unbekannten Gründen unterblieben.
Inland II hat 3 Tage durch Anfragen bei Jüttner, Kaltenbrunner und Berger zu klären versucht, wer die Angelegenheit durchführt.
Am 17.11. teilte SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner mit, daß er soeben den Befehl erhalten habe und mich nun zu einer Besprechung bitte, nachdem er auch seinerseits die Weisung erhalten habe, vor Durchführung mit dem Amt Verbindung aufzunehmen.
III. SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner teilte heute früh mit, daß er sofort abreisen müsse und mich bat, mit SS-Oberführer Panzinger in Gegenwart von SS-Gruppenführer Müller die Angelegenheit zu besprechen, da bei diesem die Durchführung liegen würde. Die Besprechung hat heute stattgefunden.
IV. Aufgrund der Besprechung, bei der die Modalitäten, die Presseveröffentlichung und die mögliche spätere Untersuchung durch die Schutzmacht beraten wurden, wird SS-Oberführer Panzinger uns den Vorschlag des SD zur Stellungnahme unterbreiten. Der Reichsführer-SS hat angeordnet, daß keine Entscheidung gefällt wird, bevor nicht Einverständnis des Auswärtigen Amtes vorliegt. Wegen der technischen Vorbereitungen ist als ungefährer Termin etwa der 27. – 30. November vorgesehen. Der ungefähre Rahmen des Vorhabens wird in der Anlage beigefügt, endgültigen SD Vorschlag wird umgehend nachgereicht.
Berlin, den 18 November 1944.
[Unterschrift Wagner]
Über
Herrn Botschafter Ritter [Unterschrift] 18/11
Herrn Staatssekretär [Unterschrift] 18/11
dem Herrn Reichsaußenminister
vorgelegt
hat dem R.A.M. vorgelegen
Der RAM hat Aufzeichnung selbst gelesen 19/11/44 [Unterschrift]
Anlage:
a) Modalität:
Im Lager Königstein befinden sich 75 französische Generäle. Schon seit langer Zeit besteht die aktenkundliche Absicht, diese französischen Generäle zu verlagern, da man Königstein für andere Zwecke benötigt. Dieses Vorhaben ist bisher nicht durchgeführt worden.
Man wird jetzt mit der Verlagerung in der Form beginnen, dass als erster Schub 5 – 6 französische Generäle, jeder in einem besonderen Auto, an einen anderen Ort gebracht werden. Im Auto befinden sich jeweils der Fahrer und ein deutscher Begleiter. Der Wagen hat Wehrmachtsabzeichen. Die beiden Deutschen tragen Wehrmachtuniform. Es handelt sich um besonders ausgesuchte Leute. Auf der Fahrt wird der Wagen des Generals Deboisse eine Panne haben, um ihn von den anderen abzusondern. Bei dieser Gelegenheit soll der General durch gezielten Rückenschuss “auf der Flucht” erschossen werden. Als Zeitpunkt ist Dämmerung vorgesehen. Es wird sichergestellt, dass keine Landbewohner in der Nahe sind. Aus Gründen der Nachforschungssicherheit ist geplant, die Leiche zu verbrennen und die Urne nach dem Friedhof der Festung Königstein zu überfuhren. Entschieden müsste noch werden, ob die Beisetzung dieser Urne mit militärischen Ehren erfolgen soll oder nicht. Es ist sicherzustellen, daß ärztlicher Befund, Leichenschein, Verbrennungsschein ordnungsgemäss ausgestellt werden. Tatortskizze und genauer Bericht werden angefertigt. Grosse Bedenken dagegen, daß keine Verbrennung stattfände, bestehen nicht. Diese Frage will der SD noch einmal intern überprüfen.
b) Pressenotiz
Es ist auf jeden Fall auffällig, daß überhaupt die Tatsache eines Fluchtversuches eines französischen Offiziers in die Presse gebracht wird. Damit ist jedoch sichergestellt, daß diese Massnahme, die als Repressalie gedacht ist, auch in die Öffentlichkeit kommt. Der Text der Pressenotiz wird erst festgelegt, wenn die Modalitäten festliegen. Ausserdem wird noch einmal die Charakteristik des französischen Generals überprüft. Im übrigen wird sich aber das Kommuniqué stark an den Text der Reuter-Verlautbarung anlehnen.
c) Schutzmachtuntersuchung:
Durch die Auswahl der beteiligten Personen, und die Anfertigung aller aktenmassigen Unterlagen ist sichergestellt, daß bei einem Untersuchungsbegehren der Schutzmacht die zur Abweisung der Beschwerde notwendigen Unterlagen vorhanden sind.
Berlin, den November 1944
[Unterschrift Wagner]
Inl. II B Betrifft: Sonderangelegenheit
Ref. LR Dr. Bobrik
SS-Oberführer Panzinger teilt mit, daß er wegen erneuter Änderungen, insbesondere hinsichtlich der Autofrage, er vorgestern mit Oberst Meurer im Beisein der von ihm beteiligten Leute nochmals eingehend verhandelt habe. Er hoffe, den abschließenden Bericht noch in dieser Woche absetzen zu können.
Der Reichsführer-SS sei von ihm über die Adjutantur über die Notwendigkeit einer abermaligen Änderung unterrichtet worden.
Hiermit Herrn Gruppenleiter Inl. II vorgelegt.
Berlin, den 6. Dezember 1944.
[Unterschrift Bobrik]
1.) H. Botschafter Ritter m. d. B. um Kenntnisnahme vorgl.
2) H. Bobrik ….
Gruppe Inland II
Persönlich!
Streng vertraulich!
Betr.: Französischen General.
durch Oberstubaf. ORR Dr. Schulze 855456
SS-Oberführer Panzinger teilt zur Unterrichtung mit, daß die Vorbereitungen wegen des französischen Generals so weit abgeschlossen wären, daß dem Reichsführer-SS ein Bericht über die beabsichtigte Durchführung dieser Tage vorgelegt werde.
Der französische General soll mit vier anderen jüngeren Generälen von der Festung Königstein in ein neues Gefangenenlager überführt werden. Der Transport wird in 3 Kraftwagen durchgefügrt [sic], wobei in die beiden ersten Wagen je 2 der dienstjüngeren Generale einsteigen, wahrend der dienstälteste hier in Frage stehende General in dem letzten allein fahren soll, um ihm seinem Rang entsprechend eine besondere Behandlung zuteil werden zu lassen. Die Wagen werden von SS-Angehörigen in Wehrmachtuniform gefahren. Die Kraftwagen tragen Wehrmachtabzeichen.
Der Befehl wird während der Fahrt ausgeführt, und zwar entweder
1. durch Erschießen auf der Flucht. Unterwegs hält der Kraftwagen an geeigneter Stelle, während die anderen zwei Wagen weiterfahren. Der General wird auf der Flucht “durch wohlgezielte von hinten gegebene Schüsse” getötet. Die Untersuchung der Leiche, auch eine eventuelle spätere Obduktion, bestätigt die Feststellung, daß der General bei einem Fluchtversuch tötlich[sic] getroffen worden ist.
2. Durch Vergiftung mit Kohlenoxydgas.
Hierfür ist ein besonders gebauter Wagen erforderlich, der bereits fertig konstruiert ist. Der General sitzt allein auf den Rücksitzen. Die Türen sind, um ein Herausspringen während der Fahrt zu verhindern, abgeschlossen. Die Scheiben sind wegen des kalten Winterwetters hochgedreht. Die Scheibe zum Fahrerplatz, neben dem der Begleiter sitzt, ist geschlossen. Etwaige Fugen sind besonders abgedichtet. Durch eine besondere Apparatur die vom Vordersitz bedient wird, wird geruchloses Kohlenoxydgas während der Fahrt in den Innenraum eingelassen. Ein paar Atemzüge genügen, um ihn sicher zu töten. Da das Gas geruchlos ist, soll der General im fraglichen Augenblick keinen Verdacht schöpfen können, um etwa durch Zerschlagen der Fenster Frischluft hineinzulassen. Die Todesursache ist an der Hautfärbung als typisches Merkmal einwandfrei zu erkennen. Es wird festgestellt, daß durch Undichtigkeiten der Auspuffrohre Abgase aus dem Motor in das Innere gedrungen sind, die seinen Tod unbemerkt herbeigeführt haben.
Ein Durchschlag des Berichts an den Reichsführer-SS soll nach Abgang dem Auswärtigen Amt zur Verfugung gestellt werden.
Hiermit über Herrn Botschafter Ritter
Herrn St.S.
zur Vorlage bei dem Herrn Reichsaussenminister.
Berlin, den 13. Dezember 1944.
gez. Wagner
[Unterschrift v. Thadden]
2) Wv. mir. [Unterschrift Bobrik] 13.12
Betrifft französischen General
Persönlich
Streng vertraulich
SS-Oberführer Panzinger hat anliegende Abschrift des Berichts von SS-Obergruppenführer Dr. Kaltenbrunner an den Reichsführer SS vom 30.12.1944 mit der Bitte um Vorlage bei Herrn Reichsaussenminister übergeben.
Es ist nochmals zugesichert worden, daß der Herr Reichsaussenminister von der Antwort des Reichsführers SS vor Ausführung des Vorhabens Kenntnis erhält.
gez. Wagner
Hiermit
(über Herrn Botschafter Ritter m. B.z. Kts)
Herrn Staatssekretär
Herrn Gesandten Schmidt persönlich
zur Vorlage bei dem Herrn Reichsaußenminister
Berlin, den 4. Januar 1945
hat dem R.A.M vorgetragen
[Unterschrift]
Abschrift.
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD. Berlin SW 11, am 30. Dezember 1944
V C B. Nr. 831/44 gRs
Geheime Reichssache!
Schnellbrief
An Reichsführer-SS
Feld-Kommandostelle.
Zum FS Kdo.Stab Gmund Nr. 460 und FS-Zwischenbericht vom 4.12.1944.
—
Reichsführer!
In der Angelegenheit haben mit dem Chef des Kriegsgefangenenwesens und dem Auswärtigen Amt die befohlenen Besprechungen stattgefunden, die zu folgendem Vorschlag führen:
1) Im Zuge einer Verlegung von 5 Leuten in 3 Kraftwagen mit Wehrmachtkennzeichen tritt der Fluchtfall ein, als der letzte Wagen eine Panne hat, oder
2) tritt Kohlenoxyd durch Bedienung vom Führersitz aus in den abgeschlossenen Fond des Wagens. Die Apparatur kann mit einfachsten Mitteln angebracht und sofort wieder entfernt werden. Ein entsprechender Wagen konnte nach erheblichen Schwierigkeiten jetzt beschafft werden.
3) Andere Möglichkeiten der Vergiftung durch Speise oder Trank sind geprüft, aber nach mehreren Versuchen als zu unsicher wieder verworfen worden.
Für ordnungsmässige Erledigung der Nacharbeiten, wie Meldung, Obduktion, Beurkundung, Beisetzung, ist vorgesorgt.
Transportführer und Fahrer werden vom RSiHA gestellt und treten in Wehrmachtsuniform mit zugeteiltem Soldbuch auf.
Wegen der Pressenotiz ist mit dem Geheimrat Wagner vom Auswärtigen Amt Verbindung aufgenommen. Wagner teilte dabei mit, daß der Reichsaussenminister mit Reichsführer über den Fall noch sprechen möchte.
Die Auffassung des Reichsaussenministers ist, dass gleichartig, und zwar in jeder Richtung, vorzugehen sei.
Inzwischen ist noch bekanntgeworden, dass der Name des Betreffenden im Laufe verschiedener Ferngespräche zwischen Führerhauptquartier und Chef Kriegsgefangenenwesen genannt worden war, so daß Chef Kriegsgefangenenwesen vorschlägt, einen anderen, aber gleich Beurteilten zu verwenden. Ich pflichte dem bei und bitte, die Auswahl Chef Kriegsgefangenenwesen zu überlassen.
Ich bitte um Weisung.
Heil Hitler!
Ihr
gehorsamer
gez.: Dr. Kaltenbrunner.
Persönlich!
Streng vertraulich!
Herrn LR Dr. Krieger – R XV Hildebrandstr.5.
Unter Bezugnahme auf die telefonische Besprechung.
Ein französischer kriegsgefangener General wird eines unnatürlichen Todes durch Erschießung auf der Flucht oder Vergiftung sterben. Für die ordnungsgemäße Erledigung der Nacharbeiten wie Meldung, Obduktion, Beurkundung, Beisetzung ist vorgesorgt.
Die Weisung des Herrn RAM lautet, die “Angelegenheit mit Gesandten Albrecht zu besprechen, um genau festzustellen, welche Rechte der Schutzmacht in dieser Angelegenheit zustehen würden, um das Vorhaben damit abstimmen zu können.
Ich wäre daher dankbar, wenn Sie mir einer Absprache mit Gesandten Albrecht entsprechend eine Aufzeichnung zwecks Vorlage bei dem Herrn RAM zuleiten könnten.
In Frage kämen m.E. u.a .evtl. Rechte der Kommission General Bridoux, des Internationalen Roten Kreuzes oder sonstiger Stellen, z.B. auf Exhumierung, nachträgliche gerichtsärztliche Untersuchung usw, daneben Anzeige an Wehrmachtsauskunftsstelle, Meldung an Bridoux, Ausfüllung von Fragebögen für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz unter Übersendung etwaiger Nachlassgegenstände und dergl.
Berlin, den 12. Januar 1945.
[Unterschrift Bobrik]